Erhard Schmidt

Interieur

Atelierinterieur
Öl/Lwd., 100 x 120 cm, 1985

Atelierinterieur
Öl/Lwd., 92 x 71 cm, 1983

Interieur mit Stillleben 
Lwd., 17 x 12,8 cm, undatiert

Raumdurchblick 
Lwd., 30 x 24 cm, 2000

Interieur
Acr./Lwd., 65 x 60 cm, 2001

Interieur
Lwd., 50 x 45 cm, undatiert

Interieur III
Öl/Lwd., 46 x 41 cm, 1984

Interieur II
Öl/Lwd., 55 x 50 cm, 1984

 

Rezeption des Bildes

"Wer das Schaffen des Künstlers vor allem der letzten zwei Jahre verfolgt hat (die Fazit-Ausstellung 1985 zeigte repräsentative Werke dieser Zeit), wird besonders beeindruckt sein von Interieurs, die „Durchblicke“ zeigen. Neben Landschaften, Stilleben und Porträts sind sie die bevorzugten Bildgegenstände des Malers und Ausdruck für sein Bestreben, durch farbige Spannungsbeziehungen das betont Statische des Bildraumes gewissermaßen zu dynamisieren, mit innerem Leben zu erfüllen.
Es gelingt Erhard Schmidt auf immer faszinierendere Weise, einem alltäglichen bildgegenständlichen Zusammenhang ungeahnte malerische Nuancen abzugewinnen. Der Künstler findet „Bildlösungen“, die in ihrer scheinbaren Einfachheit subtilste innere Spannungen beim Betrachter hervorrufen.
Auf stille, fast suggestive Art fesseln Erhard Schmidts Bilder. Die „Durchblicke“ („Interieur“) sind dafür beredtes Beispiel. In ihnen ist eine für die Berliner Schule charakteristische Haltung aufgebaut, „ein Bild des Menschen ohne den menschlichen Darstellungsgegenstand…“
Vor allem die Bildfarbe verzaubert in ihren latenten Dissonanzen die alltägliche Gegebenheit und hebt sie gleichsam in eine zweite Gegenstandsschicht. 
Unser Blick folgt dem sanften Sog in die Tiefe eines Flurs. Durch eine Wand im Hintergrund des Bildes abgewehrt, wandert der Blick – unterstützt durch die nach vorn drängende hellere Wandfront – wieder zurück in die erste Bildraumebene und bleibt schließlich in der linken Bildhälfte auf einem frontal dastehenden Stuhl ruhen.
Die harmonische Ausgewogenheit der Bildkomposition verstärkt den Eindruck von Warten, Stille; eine leichte Melancholie liegt über dem Ganzen.
Der Betrachter kann sich gut in die besondere Art des Wartens einfühlen. Worauf gewartet wird, ist dem Bild nicht zu entnehmen. Die Anhaltspunkte könnten auf viele Situationen zutreffen. Wichtiger scheint, daß es trotz aller Wehmütigkeit ein hoffnungsvolles Warten ist. Im Unterschied zu einer künstlerischen Haltung, die sich auf konventionelle Metaphern stützt, versteht es Erhard Schmidt in einer fast „in sich gekehrten Malerei“ über sinnlich intensive Ausdruckssteigerung auf allgemeine Bedeutung zu verweisen.
In seinen reifsten Bildern vermag es Erhard Schmidt, in leisesten Schattierungen Widersprüchliches malerisch in scheinbar Harmonischem aufzuspüren und dadurch im Betrachter über ästhetischen Genuß feinste Seelenerlebnisse anzuregen, deren leicht wehmütiger Hauch durch einen letztlich dominierenden lebensbejahenden Akzent abgefangen wird."


Auszug aus: Ljudmila Bruchholz, Künstler unserer Universität (4): Erhard Schmidt. HU Nr. 24, 1985/86 [2]. Zitate: Marieluise Schaum, Einführung: Fazit. 35 Jahre künstlerische Praxis für Kunsterzieher an der Humboldt-Universität zu Berlin. Katalog, Berlin 1985.